Frau O’Connor stieß vor kurzem zum UNEP-Team für nachhaltige Lebensmittelsysteme und unterstützt dort im Rahmen der Initiative Think.Eat.Save den Aufbau einer globalen Strategie zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung. Schwerpunktmäßig wird sie sich damit befassen, ein neues UNEP-Richtliniendokument zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten in Unternehmen und Privathaushalten zu veröffentlichen und als Pilotprojekt zu implementieren. Momentan ist sie im Rahmen eines Sabbatjahres von ihrer Arbeit beim Deloitte-Unternehmen BIO freigestellt. Dort leitet sie die Unternehmensberatung im Bereich nachhaltige Nahrungsmittel und hat sich zuletzt damit befasst, rechtliche Hürden zur Umverteilung von Lebensmittelüberschüssen innerhalb der EU zu identifizieren.
Schon lange widmet sich Frau O’Connor dem Thema Ressourceneffizienz im Nahrungsmittelkreislauf. Dazu gehören die Quantifizierung der Lebensmittelverschwendung in der EU zur Ermittlung einer Baseline, die Mitwirkung bei der FAO-Studie „Global Food Wastage Footprint“, die Entwicklung von Politikempfehlungen für die Europäische Kommission und das Europäische Parlament sowie eine führende Rolle im gesamteuropäischen Forschungsprojekt FUSIONS.
3 Fragen an… Christian Traumann
1. Welcher Aspekt des Food Waste-Problems ist in Ihren Augen besonders wichtig?
Lebensmittelverschwendung ist das Versagen der globalen Märkte, die Menschen mit existierenden Ressourcen zu ernähren. Das hat verschiedenartige, komplexe Ursachen, die in unterschiedlichen Kulturkreisen sowie in den globalen Lieferketten zu finden sind. Wir brauchen Messwerte, gemeinschaftliche Aktionen und Verhaltensänderungen, so dass unsere Biodiversität, unser Land und unsere Wasserressourcen regenerativ genutzt werden können und 840 Millionen Menschen nicht mehr Tag für Tag in einer Welt des Überflusses hungern müssen.
2. Was halten Sie für den besten Weg, um speziell in diesem Bereich Verbesserungen herbeizuführen?
Mit der FAO-Studie „Food Wastage Footprint“ konnten wir die gravierenden Auswirkungen von Lebensmittelverschwendung auf die Umwelt offenlegen. Das World Resources Institute ist führend bei immer erfolgreicheren Anstrengungen, ein Protokoll für die Quantifizierung von Lebensmittelverschwendung zu entwickeln, mit dessen Hilfe Fortschritte gegenüber globalen oder lokalen Baselines messbar werden.
Die Initiative Think.Eat.Save beschleunigt die Sensibilisierung der Öffentlichkeit weltweit und sorgt dafür, dass Nahrungsmittelverluste besser verstanden werden. Allein zum Weltumwelttag konnten so geschätzte 12,4 Millionen Menschen erreicht werden. Noch in diesem Monat bringt UNEP ein Richtliniendokument heraus, das Staaten und Unternehmen in die Lage versetzt, Präventionsstrategien zu gestalten und umzusetzen, mithilfe derer die Lebensmittelverschwendung durch Verbrauchereinbindung, Produkt-, Verpackungs- oder Etikettierungsänderungen sowie freiwillige wirtschaftliche Kollektivmaßnahmen eingedämmt werden kann.
FUSIONS zeigt, wie stark das Potential der sozialen Innovation dabei ist, neue Ideen zu generieren und lokale Lösungsansätze gegen Lebensmittelverschwendung umzusetzen. Diese sind immer dann besonders hilfreich, wenn es darum geht, dass Nahrungsmittelüberschüsse hungrige Mägen erreichen, egal wo die Überschüsse auftreten.
Die Grundlagen für nachhaltige Veränderungen haben wir. Jetzt müssen wir auf diesen Anfangsmaßnahmen aufbauen und die Sache stimmig und konsequent zu Ende verfolgen. Auf der Ebene der Verbraucher fehlt uns auch weiterhin ein klares Verständnis über die Verhaltensweisen, die in verschiedenen Kulturen zur Verschwendung im Umgang mit Lebensmitteln führen. Nur so können wir allerdings mit einer ausreichend nuancenreichen globalen Lösung auf dieses Problem reagieren.
3. Wie sehen Sie die Rolle der Initiative SAVE FOOD beim Kampf gegen Lebensmittelverlust und -verschwendung?
SAVE FOOD spielt eine kritische Rolle dabei, Impulse für gemeinschaftliches Handeln zu setzen. Seit ihrem Start konnte die Initiative eine globale Partnerschaft öffentlicher und privater Akteure aufbauen, die gemeinsam im Rahmen einer Erklärung zum Kampf gegen Lebensmittelverlust und verschwendung weltweit zu Felde zogen. Diese Partnerschaft könnte die Basis für die Messwerte und das dringend erforderliche gemeinschaftliche Handeln entlang der Lieferkette darstellen.
Daneben reagiert SAVE FOOD auf Wissenslücken in der Erforschung der praktischen und technischen Notwendigkeiten zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten – oft auch in regionalen oder nationalen Kontexten, die anderweitig weniger Beachtung finden.